Mitten in der Corona-Krise sind so viele sportmedizinische Fragen aus allen Altersklassen in der Fußballabteilung aufgetaucht wie nie zuvor. Deshalb haben wir spontan ein kurzes Interview mit Dr. Ole Rathje, dem Mannschaftsarzt der Liga geführt, und uns ein paar Empfehlungen für Euch geben lassen.

Drei Fußball-Landesligisten und viele Fußballer aus dem Landkreis Stade, aber auch unsere Basketballer der 1. Herrenmannschaft, Leichtathleten und Handballer vertrauen auf seine Expertise und suchen ihn mit seinem kompetenten Team regelmäßig in der Gemein-schaftspraxis am Gutspark in Nottensdorf auf.

Im aktiven Sportbetrieb kümmert er sich um die kleinen und größeren Blessuren, sämtliche Sportverletzungen aller Art und die sonstigen „Weh-Wehchen“.

Besonders positiv hat sich auch die Herzlichkeit in der Sportszene herumgesprochen, mit denen unsere Sportler in der Gemeinschaftspraxis empfangen und aufgenommen werden.

Nun aber zu den Fragen, die unseren Mitgliedern, den Trainern*innen, Betreuer*innen, Ehrenamtlichen und Fußballfans unter den sprichwörtlichen „Nägeln brennen“

1.) Ole: Welche Tipps kannst Du unseren Sportler*innen nach so einer langen Zeit der gefühlten sportlichen Bewegungslosigkeit auf den Weg geben, damit beim Trainings-neustart die ersten Sportverletzungen möglichst vermieden werden?

Grundsätzlich sind immer Belastungsspitzen kritisch und mit einer vermehrten Verletzungsgefahr verbunden. Insofern ist die beste Maßnahme sich trotz Corona weiterhin „fit“ zu halten was Kraft, Ausdauer und Koordination angeht um dann eine möglichst flachen Anstieg der Trainingsintensität im Rahmen der sehr intensiven Vorbereitung zu haben.

Die Berufsgenossenschaft hat mit dem Prevention Management Tool, PMT (https://start.pmt.vbg.de/) ein, wie ich finde, tolles Programm entwickelt die Trainingsintensität sinnvoll zu steigern/steuern. Es kostet nichts, bedarf aber neben einer Einarbeitung die konsequente Mitarbeit der Spieler. Ob VfL-Mannschaften dieses Programm nutzen können, müsste man klären. Es gibt aber auch noch zahlreiche andere vergleichbare Programme am Markt.

2.) Was sind erfahrungsgemäß die häufigsten Probleme bei dem sogenannten „Kaltstart“?

Nach einem „Kaltstart“ sind insbesondere muskuläre Verletzungen zu beobachten. Da man selbst die Schwere der Muskelverletzung kaum einschätzen kann, ist dann meist der Rat eines Sportmediziners gefragt. Die Ausfallzeit einer Muskelverletzung ist sehr variabel und beträgt eine Woche (leichte Zerrung) bis ein Jahr (ansatznahe Sehnenmuskelverletzung im Oberschenkelbereich)

3.) Kannst Du pauschal eine Entwicklung (aus den letzten Jahren) erkennen, mit welchen Verletzungen Sportler immer häufiger zu Dir kommen und kannst Du ggf. auch Tipps geben, wie man sich vor diesen Verletzungen besser schützen kann?

Im Erwachsenenbereich nehmen schwere Verletzungen, insbes. die Kreuzbandruptur, schon zu, obwohl viele Trainer hier schon im Training darauf eingehen. Es ist vielfach diskutiert worden, warum das zu beobachten ist. Letztendlich sind es viele Ursachen die da ineinandergreifen.

In diesem Zusammenhang finde ich das FIFA11+ Programm sehr gut, was einen gesicherten Nutzen in der Verletzungsvorbeugung hat. Es liegt mittlerweile auch als FIFA11 kids für Kinder vor.

Im Kindes- und Jugendlichenalter beobachte ich schon deutlich vermehrt Überlastungsprobleme durch die hohe sportliche Belastung. Neben 2-3x Training plus evtl. Stützpunkttraining kommt am Wochenende das Spiel und nebenbei wird auch noch mit Freunden gekickt. Es gibt die Faustregel, dass Kinder und Jugendliche eigentlich 2/3 ihrer Zeit ihre Hauptsportart und 1/3 der Zeit eine andere Nebensportart ausüben sollten. Das ist eigentlich richtig und wichtig, z.B. zur Verletzungsvorbeugung, bei 10 Stunden Fußball pro Woche aber neben der Schule fast gar nicht umsetzbar.

 

4.) Wie schätzt Du das Corona-Ansteckungsrisiko bei den Spielen und beim Training ein (nach Altersklassen bitte differenzieren)?

Das Ansteckungsrisiko im Freien auf dem Platz ist extrem niedrig und das ist altersunabhängig. Hier gibt es gute Untersuchungen von Aerosolspezialisten. Eher sehe ich ein Problem vor und nach dem Training/Spiel, wenn dann doch irgendwo in einer Umkleide zusammengesessen wird oder man zusammen in einem Auto zum Training fährt.

5.) Was sollen die Menschen auf und neben den Plätzen zur Bekämpfung der Pandemie unbedingt beachten?

Das ist ja monatelang rauf und runter exerziert worden. Als erstes ist natürlich die bekannte AHA-Regelung zu nennen. Auch wenn mittlerweile alle von der allgemeinen Coronasituation genervt sind, sollten wir uns alle konsequent an die Regelungen halten, ansonsten begleitet uns der Lockdown noch bis in den Herbst hinein. Auch muss man nicht alles machen, was evtl. gerade erlaubt wurde, z.B. einen Urlaub im Ausland. Lust hätte ich dazu natürlich auch, verkneifen tue ich es mir aber auf jeden Fall.

6.) Würdest Du uns eine Impfung empfehlen (welche Risiken gibt es) ?

Die Impfung kann ich nur uneingeschränkt empfehlen und das unabhängig vom Impfstoff mit seiner jeweiligen Zulassung. Die Impfung stellt meiner Meinung nach die entscheidene Möglichkeit dar, die Pandemie zu beenden. Impfen wir nicht (oder zu spät) hat das Virus genug Zeit und Wirte sich zu verändern (zu mutieren) mit entsprechenden Konsequenzen, so z.B. dass die aktuellen Impfstoffe nicht mehr ausreichend schützen.

Auf die aktuelle Diskussion zum Impfstoff der Firma AstraZeneca will ich gar nicht groß eingehen. Das würde das Interview sprengen.

 

Ole, wir wissen alle, dass Dein Herzblut von Kopf bis Fuß für die Sportmedizin schlägt. Aber jetzt wollen wir gerne deinen sportlichen Werdegang beleuchten und ein paar persönliche Infos von Dir erfahren:

7.) Du bist selbst seit Jahren Hobbyfußballer. Freust Du Dich selbst auf den Fußballplatz zurückzukehren und von deinem sehr anstrengenden Alltag für ein paar Stunden abzuschalten und einfach mit Deinen Teamkollegen Fußball zu spielen?

Ich kann es kaum erwarten! Es gab Anfang März einige positive Signale, da waren ich und meine Fußballtruppe schon sehr euphorisch. Leider kam es dann doch anders…

 

8.) Wie hältst Du Dich sportlich neben dem Hobbyfußball selber fit und welche Ernährungstipps würdest Du unseren Athleten*innen aus eigener Erfahrung geben ?

Ich habe in der Coronazeit 6kg zugenommen, obwohl ich auf meiner Ernährung geachtet habe. Vielleicht bin ich da die falsche Person sich zu äußern 😉

Obwohl ich für mein Leben gerne Fussball spiele, bin ich nicht der Läufertyp, abendliche Joggingrunden enden meist in schlechter Laune. Ich fahre stattdessen gerne Rennrad um mich „fit“ zu halten und habe mir für die kalte Jahreszeit ein Gravelbike gekauft. Damit drehe ich jetzt auch bei kalten Temperaturen meine Runden offroad im Landkreis und darüber hinaus.

Ferner habe ich eine Rudermaschine. Eigentlich das ideale Gerät, weil beim Rudern mehr als 80% der Körpermuskulatur beansprucht wird, es hat auch etwas meditatives, eigentlich ideal um neben dem Sport auch ein Stück weit zu entspannen.

Auch habe ich wieder mit Tennis angefangen. Eine der wenigen Sportarten, die ja nahezu durchgehend erlaubt waren.

 

9.) Seit wie vielen Jahren steckst Du Dein Engagement ehrenamtlich in unseren Verein ? Seit wann bist Du der Mannschaftsarzt der Liga und wie kamst Du dazu? 

Ich glaube ich bin jetzt im 8. Jahr, aber so genau weiß ich das gar nicht mehr. Es gibt ja nicht viele Sportmediziner im Landkreis und dann hat sich unter Fußballern doch recht schnell herumgesprochen, dass ich nicht nur die Zusatzbezeichnung auf dem Praxisschilde habe, sondern täglich mit Inhalt fülle. Aber vielleicht fragt ihr Dirk noch einmal, ich meine mich zu erinnern, dass er das Alles eingefädelt hat.

10.) Vielen schlägt die Pandemie mittlerweile auf das „Gemüt“. Wie schaffst Du es in dieser Zeit zu relaxen, Dich vom Alltagsstress zu erholen und uns so warmherzig zu empfangen? 

Das ist nicht ganz leicht. Wir haben aktuell wirklich schwierige Zeiten. Ich gehe abends gerne mit meiner Frau noch eine größere Runde spazieren um den Kopf frei zu bekommen. Sport ist für mich immer gut zum Streßabbau, da habe ich ja das Rad fahren, rudern und Tennis mit Freunden.

Dann spiele ich auch mit vielen Freunden online Doppelkopf oder andere Computerspiele, einfach um auch in Kontakt zu bleiben.

Ich glaube man kann auch viele Lehren aus Corona ziehen. Dass man oft doch mit weniger auskommt als gedacht, aber auch, dass manche Dinge, die wir immer für selbstverständlich gehalten haben es eben nicht sind und sie dadurch wieder mehr zu schätzen wissen. Und damit meine ich nicht unbedingt das Toilettenpapier. Was freue ich mich schon auf einen einfachen Restaurantbesuch, eine Doppelkopfrunde mit 4 Leuten an einem realen Tisch, einen kleinen Wochenendurlaub oder eine Feier mit Freunden. Jetzt heißt es aber erst einmal: weiter durchhalten!

    

Wir danken Dir für dieses kurzweilige Interview und geben die Tipps & Tricks schnell an alle Interessierten weiter. Deine Fachkompetenz, Dein Sportgeist und die herrlich offene wie menschlich, sympathische Art sind ein wirklicher Mehrgewinn für uns.

Vielen herzlichen Dank!!!

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