STADE. Die U17 vom VfL Güldenstern Stade verliert gegen die Talente vom FC St. Pauli. An der Seitenlinie steht Trainer Lutz Bendler. Er kann mit der Niederlage leben. Denn er weiß: Seine Jungs lernen jeden Tag fürs Leben.

Das volle, wellige Haar ist über die Jahre weiß geworden. Nur die Farbe erzählt von den mittlerweile 72 Lebensjahren. Ansonsten hat sich Lutz Bendler über die Jahre kaum merklich verändert. Der Fußballtrainer ist sich charakterlich treu geblieben, seine direkte Art, seine klaren Ansagen, sein oft schelmisch daher kommendes Lächeln, Bendler agiert wie eh und je. Und erreicht damit noch immer die Jugend, Jungs, deren Opa er sein könnte.

Dafür sprechen auch seine Erfolge als Nachwuchstrainer des VfL Güldenstern Stade. „Ich werde mich in meinem Alter nicht mehr umstellen, aber sehr wohl noch anpassen“, sagt Lutz Bendler. Im Kopf ist er jung geblieben. Das Knie muss wohl irgendwann mal neu, wie er sagt. Viel und gern fährt er Fahrrad, die körperliche Grundfitness habe er sowieso noch als einstiger Leichtathlet und höherklassig spielender Fußballer. „Läuferisch machte mir damals keiner was vor.“

Lutz Bendler führt Nachwuchs von Güldenstern Stade in die Niedersachsenliga

Die Arbeit mit der Jugend macht ihm „einfach Spaß“. Ohne Freude ginge es nicht. „Ich finde es unglaublich spannend, wie jeder Einzelne tickt.“ Da spricht der langjährige Lehrer. Auch als Fußballtrainer sieht Bendler sich noch als Begleiter beim Erwachsenwerden, als Förderer für das zukünftige Leben. „Ich bin für alle da“, sagt Bendler, und er versuche, auch die schwächeren Fußballer in der Gemeinschaft mitzunehmen.

Der Fußball sei über die Jahrzehnte anspruchsvoller geworden, so Bendler. Die Gesellschaft hat sich freilich auch verändert. Bendler baut aber weiterhin auf seine Umgangsformen. „Ich gebe sehr konsequent einen Ordnungsrahmen vor, in dem sich die Spieler bewegen dürfen.“ Das sei jedem klar. „Alle wissen, dass ich sehr deutlich werden kann.“ Wenn er sich mal im Ton vergreife, entschuldige er sich. Er sei mit seinen 72 Jahren aber noch immer für jeden Blödsinn zu haben, auch das wisse jeder. „Zum Sport und zum Vermitteln gehört immer Lockerheit und Spaß.“

Zwischen fördern und fordern: Kommunikation als Erfolgsgeheimnis

Beim Spiel gegen St. Pauli braucht ein Einwechselspieler auf der Bank zu lange. „Komm, mach‘ hin da“, sagt Bendler wirsch, der Spieler springt von der Bank. Im Spiel fordert Bendler Pressing: „Immer noch, immer noch, weiter“, pusht er seine Spieler. Mit Lob spart er nicht und Späße mit den Auswechselspielern sind ebenso drin. Die Abstimmung seiner Mannschaft während der torlosen ersten Halbzeit gefällt Bendler. Die fünf, schnell aufeinander folgenden Gegentore in Halbzeit zwei sind bei ihm einkalkuliert.

„Der Unterschied zwischen Bundesliga und Niedersachsenliga ist immens, das muss man akzeptieren.“ Seine Mannschaft werde dadurch lernen. „Die Spieler haben gesehen, dass Fußball immer besser geht, und können sich am Gegner orientieren.“

In der zweiten Halbzeit zeigte sich die Überlegenheit des Bundesligisten und die fünf Gegentore fielen im Minutentakt.

Schon in der 80er Jahren erfolgreich bei der SV Drochtersen/Assel

Nachdem er die zweite Mannschaft der SV Drochtersen/Assel 2015 in die Landesliga geführt hatte, war für Bendler nach sechs Jahren Schluss und er fing beim Nachwuchs des VfL Güldenstern Stade an. Bendler hatte schon in den 80er Jahren die erste D/A-Mannschaft trainiert, inklusive drei Aufstiege bis in die Landesliga und Wiederabstieg 1991. Den VfL Stade führte er 1996 wieder in die Landesliga.

Als er 2015 die Stader U18 übernahm, fragten sich einige in der Szene, ob dieser „alte“ Bendler mit seiner ihm eigenen Art der Richtige sei im „modernen Fußball“ und beim Nachwuchs. „Ich hatte nie das Gefühl, die Jugend nicht mehr zu erreichen“, sagt Bendler. Seine Arbeit bestätigt seine Meinung. Er machte die U18 zum Kreisliga- und Kreispokalsieger und führte sie bis in die Landesliga.

Jugendspieler wecken Interesse anderer Clubs im Landkreis

Seine jetzige Mannschaft betreut er seit der U13. In der vergangenen Saison wurde der U16 die Landesligameisterschaft und das erreichte Niedersachsenpokal-Finale verwehrt. „Und nun in der Niedersachsenliga zeigen wir, dass wir mithalten können.“ Die Mannschaft steht nach der Hinrunde auf Platz drei. Der vorherige U17-Jahrgang wurde durch Abwerbungen der Konkurrenten D/A und JFV A/O/B/H/H so zerstückelt, dass Trainer Thomas Brokelmann frustriert hingeschmissen hat. Dass ihm eine ähnliche Szenerie drohen könnte, ist Bendler bewusst. Er weiß, dass einige seiner Spieler woanders schon Probetrainings hatten.

Die Kommunikation stimme da zwischen ihm und den Spielern. Wenn ein, zwei absolute Leistungsträger abgeworben würden, könne er das als Trainer auch verstehen, sagt Bendler. „Aber wenn jedes Jahr fünf, sechs Spieler weggeholt werden, dann ist das ein sehr bequemer Weg und zeigt doch, dass es bei den Vereinen nicht stimmt“, urteilt Bendler, natürlich auch explizit aus Sicht des VfL Güldenstern Stade. „Ich versuche immer, alle zu halten.“

Großes Ziel: Talente für Güldensterns Herren ausbilden

Er spricht auch viel mit den Eltern und sagt, dass in seiner Mannschaft „eine stabile Elternschaft“, die „toll unterstützt“, da sei. Bendler sieht so eine Mannschaft wie seine jetzige „auch als Ankerplatz“. Die Spieler sollten dies wertschätzen und sich so menschlich wie fußballerisch weiterentwickeln. Das wünscht sich der Lehrer wie Fußballtrainer.

Bendler hofft, dass er beim VfL Güldenstern Stade mal wieder einen erfolgreichen Jahrgang in den Herrenbereich bekommt. Dann wäre er Mitte 70 und es wäre vielleicht ein angemessener Zeitpunkt, aufzuhören. Vielleicht.

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